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Der Spagat zwischen #vatersein und #fahrradfahren kann eine Herausforderung sein. Als der SHIMANO Fahrer @nasraddinetouhami Anfang des Jahres Vater wurde, war es nicht ganz einfach, die Balance (wieder) zu finden. Schließlich gelang es ihm, ein Wochenende mit einem seiner Radfahrkumpel zu organisieren und seine Erfahrungen zu teilen.

Mitten in der Nacht schließe ich behutsam die Schlafzimmertür unseres kleinen Mannes hinter mir. Ein paar Wochen nach der Geburt unseres Sohnes nehme ich für eine Weile Abstand vom Alltag mit unserem Baby. Kein Windelwechseln, keine Fläschchen vorbereiten und keine neurotische Zeit- und Terminplanung. Stattdessen ein Wochenende in den Vogesen. Radfahren und ein paar Tage abschalten – und einfach Spaß dabei haben.

Willkommen in der Vaterrolle

Vor einigen Wochen hat sich unser Leben mit der Geburt unseres Sohnes Casijn komplett verändert. Wir konnten bei Freunden und Verwandten hautnah miterleben, was es heißt, Eltern zu werden. Es gibt auch 1001 Theorien, die dir bei den Vorbereitungen helfen sollen. Sozusagen damit du weißt, was auf dich zukommt. Nichts davon bewahrheitet sich, im Gegenteil. Das Erlebnis, Eltern zu werden, ist für einen selbst unbeschreiblich. Dein Leben wird mit einem Mal vollkommen umgekrempelt. Von einem Moment auf den anderen hast du kaum noch Kontrolle über deinen eigenen Zeitplan und alles dreht sich nur noch um dein neugeborenes Kind. Das bedeutet eine Menge Verantwortung und Veränderung. Nach ein paar Wochen kann ich sagen, dass es das absolut wert ist. Ich möchte den Blick in seine Augen, sein Lächeln und sein Geplapper nicht missen. Es klingt wie ein Klischee, ist aber nicht ohne Grund eines!

Balanceakt

Natürlich geht das Leben weiter. Da gibt es zum Beispiel den Vollzeitjob und eine Leidenschaft für den Radsport. Beides mit den Elternpflichten zu vereinbaren, erfordert die richtige Balance. Sie zu finden, ist nicht selbstverständlich und hängt oft auch davon ab, wie „pflegeleicht“ das Kind ist. Gute Kommunikation, Planung und gegenseitiges Verständnis sind ebenfalls entscheidend. Zum Glück haben wir das schnell gefunden und Casijn scheint sich vorbildlich zu entwickeln. So konnte ich nach nur einer Woche wieder auf das Fahrrad steigen. Für mich ist dieser Moment nicht nur eine Möglichkeit, fit zu bleiben; auch die mentale Ruhe, die das Radfahren mir gibt, ist mir wichtig. Sie verleiht mir die Energie, um mit dem unvermeidlich reduzierten Schlaf fertig zu werden. Dadurch kann ich das Vatersein umso mehr schätzen. Zur Überraschung meiner Radfahrkumpel scheint Schlafmangel meine Leistung nicht zu beeinträchtigen. Während ein Fahrer nach dem anderen schlapp macht, genieße ich jeden Moment auf dem Bike.

Raus aus dem Babyalltag

Doch der Drang nach mehr wird immer stärker. So wächst in mir langsam aber sicher der Wunsch nach einer Reise ins Ausland. Auch bei Ralph Hoffman, einem guten Freund von mir und Vater von zwei kleinen Töchtern. Wir fahren beide am liebsten bergauf und wollen maximal eine Nacht außer Haus verbringen, um die Belastung so gering wie möglich zu halten. Schon bald fällt unser Blick auf die Vogesen. Dieses Mittelgebirge ist nur viereinhalb Autostunden entfernt und hat Anstiege mit mehr als 1.000 Höhenmetern zu bieten. Klingt nach einer Herausforderung. Der Termin steht fest, die Routen sind abgesteckt und die heimische Front wurde überzeugt und gibt grünes Licht. Dann kann es jetzt mit der Vorfreude und vor allem der Vorbereitung losgehen.

Angesichts der langen Anstiege und der Länge der bevorstehenden Strecken ist eine gewisse Vorbereitung erforderlich. Wir haben einen Monat Zeit, um an unserer Kondition zu feilen. Unsere Situation zwingt uns dazu, die Zeit bestmöglich zu nutzen. Deshalb absolvieren wir niedrig-intensive Trainingseinheiten mit Schwerpunkt auf Höhenmetern im Wechseln mit kurzen Fahrten mit hoher Herzfrequenz und Leistung. Zum Glück beginnen die Trails bei mir praktisch hinterm Haus und das Mountainbiken wird schnell zu einer Intervall-Session. Perfekt, um die letzten Prozentwerte zu verbessern. 

Der große Aufbruch

Es ist neblig, als ich am Samstagmorgen um 3:15 Uhr das Haus verlasse. Mutter und Sohn schlafen noch. Ich hole Ralph ab und wir nehmen Kurs auf Frankreich. Im Morgengrauen zeichnen sich die ersten Umrisse der Vogesen ab. Der Nebel sorgt für den erträumten herbstlichen Zauber.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in unserem Hotel in Guebwiller fahren wir weiter zu unserem Startpunkt am Fuße des Col de Amic in Soultz-Haut-Rhin. Das Thermometer zeigt nur 6 Grad Celsius an und auch der Nebel scheint hartnäckig zu sein. Da wir wissen, dass es später am Tag in der Sonne bis zu 20 Grad warm werden kann, ist die Wahl der richtigen Bekleidung sehr wichtig. In solchen Situationen entscheide ich mich immer für Lagen, die sich unterwegs leicht an- und ausziehen lassen. Ein guter Baselayer ist sowohl bei warmem als auch kaltem Wetter ein Muss, denn er schützt vor Kälte und absorbiert Schweiß. Wir ziehen auch ein kurzärmeliges Evolve Shirt und Armlinge an. Um uns gegen die ärgste Kälte am Morgen und für die langen Abfahrten zu wappnen, entscheiden wir uns außerdem für die S-PHYRE Windjacke mit kurzen Ärmeln. Die Beinmuskeln halten wir mit der langen Evolve Hose warm. Was auffällt, ist der samtig weiche Stoff. Das Material fühlt sich angenehm an und ist so flexibel, dass die Nachteile der langen Hose praktisch wieder wettgemacht sind.

Zurück in der Zeit

Die ersten Kilometer der Fahrt führen uns über hügeliges Terrain zum Fuße des Großen Belchen in Wattweiler – ein ulkiger Name! Die Vogesen sind zwar nicht die Alpen, doch mit mehr als 1.000 Höhenmetern auf 21 Kilometern ist dieser Anstieg kaum weniger anspruchsvoll. Wir kämpfen uns durch den dichten Wald nach oben. Während des Ersten Weltkriegs kam es an den Flanken dieses Berges zu heftigen Kämpfen zwischen Franzosen und Deutschen. In Erinnerung an die blutige Schlacht, in der 30.000 Soldaten ihr Leben verloren, steht ein beeindruckendes Denkmal auf dem Hartmannswillerkopf. Es ist eines der vier nationalen Denkmäler des Ersten Weltkriegs in Frankreich. Dieses strategisch günstig gelegene Gebiet hat eine komplexe Geschichte. Zum Beispiel wurde das Elsass einst von Deutschland annektiert und es wurde sogar versucht, die Region autonom werden zu lassen. Bisher ohne Erfolg, aber bis heute gibt es immer noch Befürworter dieser Idee, die keinen Hehl daraus machen. Elsass Frei ist hier immer noch auf so manche Wand gepinselt.

Gipfel in Sicht

Auf 900 Metern Höhe rollen wir über den Gipfel des Hartmannswillerkopfs. Auf der folgenden kurzen Abfahrt lässt sich die Anspannung ein wenig abbauen. Der Wald ist Wiesen gewichen, sodass der Gipfel des Großen Belchen in Sicht ist. Die letzten sechs Kilometer sind immer noch ziemlich steil. Als wir unseren ersten Gipfel schließlich umrunden, liegen noch mehr als 137 Kilometer vor uns. Der Große Belchen ist Teil der Routes de Cretes, einer 90 Kilometer langen Straße über die höchsten Gipfel der Vogesen. Auf mehr als 1.300 Metern Höhe ist es auch spürbar kälter. Reißverschlüsse werden geschlossen und Armlinge angezogen. Wir fahren hinunter zum Markstein, dem Anlaufpunkt für Wintersportler und Gleitschirmflieger. Der Wind hat hier freie Bahn, und wir machen uns so klein wie möglich. Auf diesem hügeligen Terrain wechseln sich schnelle Passagen mit echten Wadenbeißern ab. Fahren mit hohem Tempo ist hier nicht möglich. Nach 25 Kilometern erreichen wir den Fuß des Hohneck. Eine Sackgasse, die von der Routes des Cretes abzweigt, aber die Haarnadelkurven und die fantastische Aussicht auf dem 1.364 Meter hohen Gipfel sind die zusätzliche Anstrengung wert.

Spuren des Kampfes

Auf dem Gipfel des Col de la Schlucht verlassen wir die Routes des Crêtes. Die Abfahrt nach Soultzeren ist eine Rennstrecke. Im Nullkommanichts sind wir am Fuße des Col du Wettstein. Der frische Wind weicht prallem Sonnenschein, auch die Temperatur ist deutlich höher. Der Lagenlook scheint heute die richtige Bekleidungswahl zu sein. Die Armlinge werden wieder abgelegt, Schweiß rinnt unter dem Helm hervor, aber wir fahren mit einem breiten Grinsen im Gesicht den Berg hinauf, denn hier ist es echt schön. Und wieder sind die Spuren des Ersten Weltkriegs deutlich sichtbar. Unter anderem erinnern das Mémorial du Linge, der deutsche Friedhof von Hohrod und zahlreiche Bunker an die schreckliche Schlacht, die in dieser Gegend geführt wurde. Wir betrachten es als ein Privileg, dass wir die Schönheit der Natur heute in völliger Freiheit genießen können.

Weinberge, so weit das Auge reicht

Am Ortseingang von Niedermorschwihr biegen wir links in einen unangenehm steilen Landwirtschaftsweg ein. Schon bald weicht der Asphalt Schotter und der Wald Weinbergen, so weit das Auge reicht. Ein abrupter Übergang, der charakteristisch für diese Region ist. Die Aussicht ist atemberaubend. Man könnte fast den lauernden Hungerast vergessen. Im zauberhaften Eguisheim ist schnell eine Bäckerei gefunden.

Unsere Batterien sind wieder halb aufgeladen, um den letzten Teil der Fahrt anzutreten. Ich bin fest überzeugt, dass wir bis zum Col de Amic fast ebenes Gelände haben. Doch Ralph reißt mich gleich wieder aus diesem Traum. Was uns erwartet, ist ein hügeliges Terrain, das unserem Trainingsgebiet in Südlimburg ähnelt, welches für das Amstel Gold Race bekannt ist. Kein einziger Meter ist flach, es folgt ein Wadenbeißer auf den anderen. Die Beine machen immer schneller schlapp und Erholung ist nicht mehr möglich. Und trotzdem genießen wir diese schöne Kulisse in vollen Zügen.

Die letzte Hürde

In Soultz-Haut-Rhin fahren wir am Auto vorbei. Als sich bei Ralph erste Krankheitsanzeichen einstellen, trifft er eine weise Entscheidung. Er folgt mir im Auto über das letzte Hindernis: den Col de Amic. Die Dämmerung macht den Wald, durch den sich dieser Anstieg schlängelt, noch dunkler, als er ohnehin schon ist. Bei noch 10 Kilometern Steigung kommt es mir wie ein Wettlauf gegen die Zeit vor. Denn schließlich wollen wir ja noch die untergehende Sonne aufs Bild bekommen. Kaum sind wir aus dem Wald draußen, werden wir auch schon belohnt. Ein wunderschöner Sonnenuntergang unter einer bedrohlichen Wolkendecke. Im letzten bisschen Tageslicht nehme ich die Abfahrt in Angriff, denn ich muss und werde die Tour zu Ende bringen. Nach sieben Stunden geht ein langer Tag zu Ende. Aber wie haben wir ihn genossen! Der schwere Rucksack mit Ersatzmaterial und Kameraausrüstung hat auf dieser anspruchsvollen Route nicht gerade geholfen. Jetzt schalten wir erst einmal in den Erholungsmodus und schauen, was der morgige Tag bringt.

Krank

Leider verläuft die Nacht nicht wie geplant. Auf dem Weg in die Vogesen war keiner von uns so richtig fit. Die Kinder sind schon die ganze Woche erkältet und wir sind wohl als Nächste dran. Ralph geht es immer schlechter. Ihm ist so übel, dass er kaum schlafen kann. Trotzdem stehen wir um 06:30 Uhr gut gelaunt auf. Die Aussicht auf den Sonnenaufgang auf der Routes des Crêtes hilft da natürlich sehr.

Die Temperatur liegt um den Gefrierpunkt. Die S-PHYRE Winterjacke und die Winterhandschuhe erweisen sich jetzt als praktisch. Wir schwingen uns für eine Panoramafahrt aufs Rad. Die Morgendämmerung bricht allmählich herein. Der Himmel färbt sich gelb, orange, blau und lila. Tief hängende Wolken legen sich wie eine Decke über den Wald. In der Ferne sehen wir den Schwarzwald und sogar die Gipfel des Berner Oberlandes über der Wolkendecke. Es ist windstill und wir haben eine Zeit lang das Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein. Diesen magischen Moment hätten wir nicht verpassen wollen. Das war es wert.

Wir fahren hinunter zum Col de Amic. Sonne und Nebel lösen sich sehr schnell ab. Höhepunkt dabei ist der Hartmannswillerkopf (Foto Sonnenstrahlen). Eineinhalb Stunden auf nüchternen Magen sind wir jetzt schon unterwegs. Zeit, ins Hotel zu gehen und zu frühstücken. Leider ist Ralphs körperliche Verfassung immer noch nicht so, wie sie sein sollte. Deshalb lassen wir die geplante 120-Kilometer-Fahrt wohlweislich ausfallen. Um ehrlich zu sein, habe ich mich auch schon besser gefühlt. Trotzdem wollen wir nicht auf schöne Herbstbilder verzichten. Außerdem bin ich überzeugt, dass frische Luft das beste Mittel gegen eine Erkältung ist.

Eine warme Dusche und ein vollgepacktes Auto später sind wir wieder auf dem Weg zur Routes des Crêtes. Hinter Markstein steige ich auf das Rad und Ralph folgt im Auto. Im Ferme Auberge Breizhousen machen wir eine Kaffeepause. Dieser Gasthof ist einer von vielen entlang der Routes des Crêtes. Mit Blick auf den Lac de la Lande und die farbenprächtigen Wälder genießen wir die Sonne. Die ausgefallene Fahrt ist dabei schnell vergessen. Nach einem weiteren Anstieg zum Hohneck rase ich in Rekordzeit die Schlucht zum See von Xonrupt hinunter. Ein kurzer Anstieg im umliegenden Wald bringt mich zum See, der letzten Station dieser Tour. Es gibt keinen besseren Ort für den Abschluss unseres Kurztrips, der sich fast wie ein echter Urlaub anfühlt.

Dieser Trip macht Lust auf mehr. Auf dem Heimweg im Auto sind wir uns schnell einig: Im Frühling werden wir wiederkommen, um nachzuholen, was diesmal nicht geklappt hat. Die Zeit dafür werden wir finden und uns nehmen!

Steckbrief zur Tour

  • Streckenlänge: 164 Kilometer
  • Höhenmeter: 3.422 Meter
  • Fahrzeit: 7:00:36 Stunden
  • Durchschnittsgeschwindigkeit: 23,4 km/h
  • Beladung: Fototasche mit +/- 10 kg :-)
  • Gruppe: ULTEGRA Di2, DURA-ACE Powermeter-Kurbel
  • Übersetzung: 52/36Z (vorn), 11-28Z (hinten)

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