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Frauenradsport: Über Unterschiede & Gemeinsamkeiten zum Männerradsport

Auf den ersten Blick sieht ein Frauenradrennen genauso aus wie eines der Männer. Doch wenn wir mal genauer hingucken, gibt es sowohl innerhalb als auch außerhalb einige Unterschiede zu erkennen.

Klar, das Radfahren an sich läuft bei den Damen identisch ab. Allerdings zeigt ein Blick auf das Rad und Equipment ein paar Differenzen, die im folgenden dargestellt werden sollen.

Das richtige Fahrrad im Frauenradsport

Viele Bike-Hersteller haben mittlerweile Räder auf den Markt gebracht, welche geometrisch passender für die meisten weiblichen Körper sind.

 

Beispielsweise heißt es, dass „Frauenrahmen“ einen kürzeren Reach, einen höheren Stack und eine geringere Überstandshöhe haben. Gleichzeitig gibt es die Räder in kleineren Größen zu kaufen und selbst Frauen, die kleiner als 160 cm sind, haben heutzutage keine Probleme mehr ein passendes Rennrad zu erhalten.

 

Weitere wichtige Produkte, die der weiblichen Anatomie entgegenkommen, sind der Sattel und das Sitzpolster. Man muss jedoch dazu sagen, dass es für diese Dinge keine Universalformen gibt und jede Frau für sich entscheidet, ob sie mit einem „normalen“, einem U-förmigen oder einem Sattel mit Aussparung fahren möchte.

Wie trainiert man im Frauenradsport?

Wo wir jetzt fertig angezogen und mit einem Rad ausgerüstet sind, stellt „Frau“ sich natürlich die Frage: Was und wie trainiere ich denn überhaupt?

 

Im Grunde kann man sagen, dass sich die Art und Weise des Trainings zwischen Frauen und Männern nicht sehr unterscheiden. Den Umfang können die Frauen etwas herunterschrauben, die Trainingsmethoden bleiben aber gleich.

 

Aber warum liest man überall, dass Frauen weniger Trainingskilometer sammeln müssen?

 

Dies lässt sich ganz einfach beantworten:

 

Die Renndistanz ist bei den Damen wesentlich kürzer als bei den Herren. Während im Worldtour-Bereich die Männer bei den Klassiker-Rennen zwischen 180 km und 250 km fahren, liegt die Distanz der Frauenrennen zwischen 120 km und 150 km. Auf nationaler Ebene bewegen wir uns bei Straßenrennen im Männerbereich übrigens zwischen 120 km und 140 km und im Frauenbereich bei etwa 70-80 km.

Frauenrennen vs. Männerrennen im Radsport

Apropos Klassiker:

 

Inzwischen gibt es alle fünf Monumente, die bedeutenden und prestigeträchtigen Rennen im Frühjahr, auch für Frauen. Das war jedoch  nicht immer so. Auch wenn die Erstaustragung von Paris-Roubaix für die Damen wegen Covid-19 noch um ein Jahr verschoben werden musste, so konnten wir uns im Oktober 2021 freuen, als endlich eine Frau mit dem berühmten Kopfsteinpflasterstück als Trophäe auf dem Podium jubeln konnte.

 

Premiere feiert nächstes Jahr ein weiteres großes Rennen: 2022 wird es die „Tour de France Femmes“ als zehntägige Rundfahrt geben. Sie startet am Finaltag des Männerrennens.

 

Bisher wurde die Tour de France für die Frauen als Eintagesrennen unter dem Namen „La Course“ ausgetragen. Doch die Stimmen im Fahrerinnen(um)feld für eine Tour de France der Frauen sind seit Jahren immer lauter geworden. Das Ziel an dieser Stelle ist klar: Für mehr Gleichberechtigung im Radsport zu sorgen, Aufmerksamkeit zu bekommen und den Frauenradsport insgesamt voran zu bringen.

 

Mit dem „Giro d´Italia Donne“ gibt es zwar bereits eine zehntägige Rundfahrt für die Frauen. Aktuell steht diese aber noch zu sehr im Schatten des Giro d‘Italia und erhält medial kaum Aufmerksamkeit.

 

Auf regionaler Ebene gibt es in Deutschland auch noch Verbesserungspotenzial. Wenn ein Frauenrennen überhaupt ausgeschrieben wird, müssen Frauen, je nach Belieben des Veranstalters, oftmals zusammen mit der männlichen Jugend, den Senioren, Masterfahrern oder den Jedermännern starten.

 

Generell bekommen Frauenradrennen immer noch viel weniger Aufmerksamkeit als Männerrennen. So werden viele UCI-Rennen der Frauen gar nicht erst im Fernsehen übertragen, das gleiche Rennen für die Herren aber schon.

 

Woran das liegt? An der Spannung auf jeden Fall nicht. Während es in der Damenradsportwelt, besonders rund um die Niederländerinnen, einige etablierte Siegesfahrerinnen gibt, rückt die Leistungsdichte im Feld immer mehr zusammen und auch viele neue und junge Gesichter können Erfolge feiern.

 

Ein perfektes Beispiel dafür ist die frischgebackene Olympiasiegerin Anna Kiesenhofer, welche als Amateurfahrerin und ohne Teamkolleginnen die Radsportwelt in Tokio überraschte.

 

Auch die Radfahrerinnen kommen nach einem Rennen natürlich völlig erschöpft ins Ziel, doch was passiert denn im Rennen selbst?

 

Lange Sprinterzüge sieht man bei den Frauen eher weniger. Jedoch gibt es auch bei den Damen Lead-Outs und als Team arbeitet man für ausgewählte Fahrerinnen.

 

Dieses Teamwork kann man bei den großen Frauenteams besser beobachten als bei den Kleineren, da dort meistens jüngere und unerfahrene Fahrerinnen starten.

Die Ebenen im Frauenradsport: World-Teams, Kontinentalteams & Amateur-Teams

Wie ist eigentlich so ein Frauenteam aufgebaut und welche Ebenen gibt es? Grob gesagt, gibt es bei den Damen nur drei Teamarten:

- Die höchste Ebene ist die der Women´s WorldTeams (WWT), in welcher aktuell neun Teams starten

- Eine Ebene tiefer, immer noch als Profiteam zählend, gibt es die UCI- beziehungsweise Kontinentalteams (KT), in der immerhin 52 Teams gemeldet sind. Diese Teams dürfen auch in der höchsten Frauenliga, der Women´s World Tour, starten.

- Alle anderen Teams zählen als Amateurteams, wie auch die deutschen Bundesligamannschaften.

 

Somit wird bei den Frauen im Gegensatz zu den Männern nicht zwischen UCI- und KT-Team unterteilt, was vor allem einen Unterschied in der Struktur der Teams hervorbringt.

Wie ist die Bezahlung im Frauenradsport?

Die WWT wurden erst im letzten Jahr eingeführt und die Teams müssen viele Lizenzvorgaben einhalten, sodass sich die Anzahl der Teams durch die finanzielle Herausforderung in Grenzen hält. In diesen Teams gibt es auch ein Mindestgehalt für die Fahrerinnen, welches dieses Jahr 20.000 Euro beträgt und bis 2023 auf 32.100 Euro angehoben werden soll, dem aktuellen Mindestgehalt eines Pro-Tour-Fahrers.

 

Rennställe wie GreenEDGE Cycling (früher: BikeExchange) haben ein Women´s sowie ein Men´s World Team und sind Vorreiter in Sachen Bezahlung: Sie zahlen ihren Fahrerinnen schon jetzt das Mindestgehalt eines männlichen Fahrers.

 

Als weibliche UCI-Teamfahrerin kann man sich zwar offiziell als Profi bezeichnen, was jedoch nicht heißt, dass man vom Radsport leben kann. Es ist nicht garantiert, dass man in diesen Teams Gehalt bekommt. Manche UCI-Teams können ihren Fahrerinnen noch nicht einmal Material oder die Fahrtkosten stellen.

Folglich gehen viele Frauen einem zweiten Beruf nach, um sich ihr Einkommen zu sichern und müssen dennoch für Training, Reisen und Rennen genauso viel Zeit investieren wie männliche Profis.

Und das Preisgeld?

Des Weiteren ist der Gender Pay Gap in noch einem Bereich vorhanden: dem Preisgeld. Tatsächlich bekam der Gewinner des Männerrennens beim Omloop Het Nieuwsblaad 16.000 Euro, während die Siegerin des Frauenrennens mit nur 930 Euro nach Hause fuhr.

 

Diese Differenz empörte auch die Fans, welche kurzerhand per Spenden das Preisgeld für das nächste Frauen-Profirennen aufgestockt haben.

 

Viele erfolgreiche Fahrerinnen betonen jedoch, dass die Angleichung des Preisgelds nicht das Wichtigste ist. Ihnen geht es vor allem um die Verbesserung der Teamstrukturen, mehr Sichtbarkeit und um mediale Berichterstattung.

 

Da der Weltverband UCI mit der Agenda 2022 den Frauenradsport in den Mittelpunkt stellt, bleibt zu hoffen, dass die strukturellen Unterschiede zwischen dem Frauen- und Männerradsport beglichen und verbessert werden.

 

In Sachen Gleichberechtigung und Medienpräsenz kann sich der Straßenrennsport auch noch viel von der Mountainbike-Szene abgucken.

 

Judith Krahl, Radsportlerin beim Team Stuttgart

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